Um psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen vorzubeugen, bietet das Land Burgenland in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern Psychosozialer Dienst Burgenland (PSD) und Pro Mente Burgenland Präventionsprogramme an burgenländischen Schulen an. „PLUS. Das österreichische Präventionsprogramm für die 5. bis 8. Schulstufe“ des PSD und „Verrückt? Na und! Seelisch fit in der Schule – ab der 9. Schulstufe“ von Pro Mente sollen Kinder und Jugendliche in der Entwicklung eines positiven Selbstbildes und von Lebenskompetenzen stärken und zur Enttabuisierung von psychischen Erkrankungen beitragen.
Wachsende, immer komplexere Anforderungen in der Gesellschaft, Druck und Stress in der Schule, Bedeutungsschwund des sozialen Aspekts – Jugendliche haben es immer schwerer, unbelastet ein gesundes, positives Selbstbild zu entwickeln. „Wissenschaftliche Studien belegen, dass sich psychische Krankheiten bereits ab einem Alter von 13 Jahren entwickeln können. Das kann sich in einer Depression oder einer Essstörung manifestieren und gravierende Auswirkungen auf schulische Leistungen und im Verhalten bis hin zum Suizid zur Folge haben. Entscheidend ist deshalb, schon frühzeitig und nachhaltig im Schulsystem Präventionsprogramme für psychische Gesundheit anzubieten. Dem Land Burgenland ist es ein Anliegen, die spezielle Verantwortung, die wir für eine seelisch gesunde Entwicklung der Schülerinnen und Schüler haben, mit der Expertise und bewährten Präventionsprogrammen der Projektpartner Psychosozialer Dienst Burgenland und Pro Mente Burgenland wahrzunehmen“, erklärte Bildungslandesrätin Daniela Winkler.
„PLUS. Prävention für die 5. bis 8. Schulstufe“ wird erfolgreich seit mehreren Jahren an den burgenländischen Schulen umgesetzt. Nunmehr sei es gelungen, dieses Programm flächendeckend in den NMS- und AHS-Unterstufen allen interessierten Lehrkräften zur Weiterqualifizierung anzubieten. „Das Interesse ist sehr groß, 166 Lehrkräfte haben sich für die nächsten vier Jahre für die Etablierung des Programmes in ihren Klassen entschieden und bereits die ersten Schulungen besucht“, sagt Bildungsdirektor Heinz Josef Zitz. „Verrückt? Na und! Seelisch fit in der Schule – ab der 9. Schulstufe“ wiederum schaffe es, mit einem innovativen Konzept, dem Hereinholen von Betroffenen unter Begleitung von Psychotherapeuten, Hemmschwellen zu senken, Offenheit für das Gespräch über psychische Krankheiten zu schaffen und die Lebenswirklichkeit Erkrankter in die Schule zu holen.
Beide Präventionsprogramme setzen gezielt in der Schule an, bei den PädagogInnen und SchülerInnen. Zitz: „Ziel sind gestärkte Kinder und Jugendliche, die wissen, dass Krisen Teil des Lebens sind und man in Krisensituationen nicht alleine sein muss, weil es kompetente Unterstützung bei Anlaufstellen im Burgenland gibt. Die Jugendlichen sollen ein positives Selbstbild entwickeln, ihre eigenen Stärken abrufen und im Leben einsetzen können“. Denn Präventionsarbeit sei viel effizienter als Arbeit an der psychischen Gesundheit „hinterher“, und sie unterstütze und entlaste damit auch die Familien.
LehrerInnen werde heute viel mehr abverlangt als früher, deshalb sei es auch wichtig, sie in ihrer Rolle als „ErzieherInnen“ zu unterstützen. „PLUS“, in Österreich entwickelt und von der Uni Innsbruck evaluiert, habe einen signifikanten Rückgang von jugendlichem Suchtverhalten gezeitigt, sagt PSD-Geschäftsführer Johannes Zsifkovits. „Lebenskompetenzprogramme wie ‚PLUS‘ gelten international als die wirkungsvollsten (sucht-)präventiven Maßnahmen im Schulbereich. Die Lebenskompetenzen der einzelnen Schülerinnen und Schüler werden gefördert, die Klassengemeinschaft und die Zusammenarbeit gestärkt“. Bis jetzt haben bereits 150 LehrerInnen die Ausbildung absolviert, Ziel sei es, bis 2023 alle LehrerInnen des Burgenlandes im Rahmen des Programms, das auch von der Burgenländischen Gebietskrankenkasse und dem BURGEF gefördert wird, zu schulen.
Weltweit sei eine massive Zunahme psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen festzustellen, berichtete pro mente Burgenland-Obfrau und Geschäftsführerin Eva Blagusz. „Leider dauert es erfahrungsgemäß viele Jahre, bis sich Betroffene Hilfe suchen. Daher ist es uns von pro mente Burgenland ein großes Anliegen, entsprechende Aufklärungsarbeit zu leisten. Wir freuen uns sehr, mit dem Präventionsprogramm ‚Verrückt? Na und!‘ in burgenländischen Schulen klassenweise das Thema psychische Erkrankungen in den Mittelpunkt zu rücken. Damit helfen wir jungen Menschen und auch ihren LehrerInnen, etwaige psychische Belastungen früh zu erkennen und Unterstützung anzunehmen“.
Gearbeitet wird mit einem bewährten „Tandem-System“: Jeweils ein Psychotherapeut und ein Betroffener – ein sogenannter „Lebenslehrer“ – gehen für jeweils fünf Stunden in eine Klasse, wobei in drei Teilen Zuhören, Reden und eine Gruppenarbeit am Programm stehen. Ein Probelehrgang habe bereits in Oberpullendorf stattgefunden – mit Erfolg. „Von anderen Betroffenen Geschichten zu hören, da ändert sich etwas im Umgang miteinander, da tut sich etwas im Klassengefüge, es findet Integration statt“, weiß Blagusz, die auf eine Weiterführung des Projekts im Burgenland hofft, denn „wir sind nicht am Puls, wir sind am Nerv der Zeit mit diesem Programm“.
Eigens entwickeltes Informationsmaterial, wie z.B. eine Hilfebox oder ein Krisenauswegweiser, enthält die Kontaktdaten der wichtigsten regionalen Institutionen, an die sich Betroffene wenden können. Es gebe bereits sehr positives Feedback der ersten Schule und zahlreiche Anmeldungen für Workshops. „Unser Ziel ist, das Programm bald flächendeckend anbieten zu können." Bild und Text: Bgld. Landesmedienservice